Altgemeinde Wasching
Die Chronik der (Alt-) Gemeinde Wasching
Ein versteckter mannshoher granitener Grenzstein steht auf dem nahegelegenen 880 Meter ho-hen Steinberg, der höchsten Erhebung in der ehemaligen Gemeinde Wasching.
In diesem Grenzstein, der die Jahreszahl 1692 trägt, sind auf der einen Seite das Wappen des Kurfürstentums Bayern und auf der anderen Seite das fürstbischöflich-passauische Lambergwappen eingemeißelt. Dieser Stein trennte das Fürstbistum Passau vom Kurfürstentum Bayern.
Schon Kaiser Karl der Große legte nach 800 n.Chr. in unserem nördlichen Raum die Grenzen in etwa fest, die heute noch ähnlich verlaufen. Es ist dies die deutsch-tschechische Grenze aus Richtung Furth i. W. kommend. Sie verläuft über den Kamm des bayerischen-böhmischen Waldes:
Arber - Osser - Falkenstein - Rachel - Lusen - Dreisessel.
Als unser Raum im 11. Jahrhundert immer mehr erschlossen wurde, spielte die Grenze eine immer größere Rolle. Bekanntlich überließ Kaiser Heinrich I. im Jahre 1010 den heutigen Unteren bayerischen Wald, früher ein Teil des sog. Schweinachgaues, den Nonnen zu Psssau-Niedernburg zur Nutzung. Eine Urkunde vom 5. September 1220 gibt uns näheren Aufschluss über die Ausdehnung dieses Landes, des Landes der Abtei, wie es fortan hieß. Die Grenze erstreckte sich im Westen vom Ilzverlauf flußaufwärts über Biberbach bei Haus i. W. über den Geistlichen Stein bei Ringelai - Thomasbach - Steinberg bei Saldenau/Kapfham am Ruck - Sägwasser zum Lusen. Im Norden verlief die Grenze wie bisher vom Lusen über den Kamm zum Dreisessel. Im Osten begrenzte das Abteiland die Große Mühel und schließlich bildete im Süden die Donau die Grenze.
Die Gemeinde Wasching war früher Grenzgebiet, da es an das Kurfürstentum. Bayern angrenzte. Wir hören erstmals von Wasching im Jahre 1390. durch Christian Büchler zu Tiefenbach und Weideneck, Lehensinhaber und stolzer Hauptmann, "ein rauher Gesell, wie sie der Wald gibt!".
Dieser Hauptmann war sehr kriegs- und fehdelustig, "half da und dort aus", wo er eben für Kriegszwecke gebraucht wurde. Diese "Aushilfen" kosteten diesem Kriegsmann auch Geld. Zuweilen waren die Ausgaben mehr als die "Einnahmen". Den Aufzeichnungen von Silvanus. entnehmen wir, dass Büchler seinen Zehent Vogthafer und Vogtpfennig von den Dörfern Schnüring (bei Fürsteneck), Oberndorf (bei Röhrnbach), Wasching und Eppenberg an den Puchberger Seifried auf Neuenpuchberg Wildenstein verkaufte. Vogthafer und Vogtpfennig waren Sach- und Geldleistungen, die ihren Ursprung in Ausübung der Polizei und Verwaltung hatten. Das Geschlecht der Puchberger besaß im Waschinger Raum große Besitzungen.
Der Ort Wasching entstand selbstverständlich schon vor dem Jahre 1380. Gründungsurkunden fehlen allen damaligen Siedlungen, so dass die Entstehung der einzelnen Orte nur angenommen werden kann. Anders ist es mit den Siedlungen im nördlichen Landkreisteil, die im ausgehenden 17. Jahrhundert bewusst gegründet wurden.
Genaue Grenzen gab es damals noch nicht. Grenzverletzungen, bewusst und unbewusst, waren die Folge. Man drang tief ins Nachbarland ein. Heute wären solche Grenzverletzungen unmöglich. Sie würden unweigerlich zu weittragenden Auseinandersetzungen führen.
Im August 1593 fand eine Grenzbegehung und genauere Grenzfestlegung statt, an der Dr. der Rechte Treitwein, Jägermeister Lösch und Hofmaler Abent teilnahmen. Sie nahmen die Strecke vom Geistlichen Stein über den Steinberg bis zum Lusen genauer unter die Lupe. Diese Begehung, durchgeführt vom 17. bis 20. August, befriedigte jedoch nicht.
En mußte erst einer der bekanntesten Landesherren des Fürstbistums Passau kommen, um endlich Klarheit über die immer noch verworrenen Grenzverhältnisse zu schaffen:
Kardinal Fürstbischof Philipp von Lamberg der Mann, der nicht nur den nördlichen Landkreisteil intensiv besiedeln ließ, sondern auch wirtschaftliche und soziale Umschichtungen zu Gunsten der Grenzbewohner vollzog. Dieser Fürstbischof, der im Waschinger Gemeindewappen mit den Lambergschen Hausfarben Weiß - Blau - Weiß - Blau festgehalten ist, führte mit dem Kurfürstentum Bayern Verhandlungen, die am 19. April 1690 einen Vertrag über die wechselseitigen kommerziellen Verhältnisse und Vergleiche über die gegenseitigen territorialen Grenzzustände zustandekommen ließen. Im Jahre 1692 wurden dann eine ganze Reihe von mannshohen Grenzsteinen an der Fürstbischöflich-Kurbayerischen Grenze aufgestellt. Heute noch sind solche Grenzsteine auf dem Geistlichen Stein, zu Füßen dieses Berges, auf dem Steinberg und auf dem Lusen (Osthang) zu sehen. Diese damalige Grenzfestlegung löste ein für allemal die Grenzstreitigkeiten. Im Jahre 1806 verloren diese Steine ihre politische Bedeutung. In diesem Jahr wurde das Fürstbistum bayerisch. Heute trennen diese Steine symbolisch die ehemaligen Landkreise Grafenau und Wolfstein. Der große geschichtliche Wert dieser Steine aber blieb erhalten. Durch die Aufnahme des Grenzsteines und der Lanbergschen Hausfarben in das Wappen ehrte die Gemeinde Wasching einen Landesherrn, der sich um unser Gebiet größte Verdienste erwarb.